Moin

Wie die Frau an der Annahmestelle mein Päckchen degradiert hat

Stellen Sie sich vor, sie haben eine Ware oder eine Dienstleistung gekauft und sie im Voraus bezahlt. Sie wollen die Ware abholen oder die Dienstleistung in Anspruch nehmen, aber der Verkäufer sagt Ihnen, dass Sie zu viel bezahlt hätten. Sie sagen, das sei Ihnen egal, denn Sie wollen die Sache vom Tisch haben. Doch der Verkäufer sagt, das gehe nicht, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ließen es nicht zu.

Unvorstellbar? Nicht bei einem großen deutschen Paketdienst.

Ich hatte eine CD versehentlich bestellt und mit dem Verkäufer vereinbart, dass ich von meinem Rückgaberecht Gebrauch machen würde. Online orderte ich eine Versandmarke für ein Päckchen und bekam per Mail den üblichen QR-Code zugeschickt. Mit dem Code auf dem Smartphone und dem vermeintlichen Päckchen, einem passend zurechtgebastelten und verklebten, flachen Stück Pappe, stiefelte ich zur Annahmestelle.

Die Dame hinterm Schalter scannte den Code ein, beäugte misstrauisch meine Sendung und sagte, das könne sie so nicht annehmen; das Päckchen müsse sechs gerade Kanten haben. Ich fragte sie, ob sie irgendwo eine Kurve sehe. Wir diskutierten noch eine Weile hin und her, doch die Dame blieb hart: keine sechs geraden Kanten, keine Annahme. Ich könne mein „Päckchen“ als Briefsendung verschicken, den ursprünglich gebuchten - teureren - Paketschein stornieren; dass das geht, habe sie schon einmal bei einem anderen Kunden gesehen.

Zähneknirschend willigte ich ein, kaufte die Briefmarke, woraufhin meine Versandkosten nur noch haarscharf davon entfernt waren, den Wert der zurückzuschickenden CD zu überschreiten, und warf das nunmehr zur Briefsendung degradierte Päckchen in den nächstbesten Briefkasten ein.

Ende gut, alles gut - hurra! Oder nicht? Natürlich nicht. Denn die ursprünglich erworbene Versandmarke ließ sich nicht stornieren - mutmaßlich, weil die Frau an der Annahmestelle ja schon den QR-Code eingescannt hatte und der Paketdienst den Versandschein damit offenbar als „benutzt“ registriert hatte.

Nun bin ich gespannt, ob meine Rücksendung tatsächlich den Empfänger erreichen wird. Eher nicht, schätze ich. Hätte ich die CD man einfach ins Regal gestellt - zu den vielen anderen.

Detlef Glückselig

Redaktionsleiter

Er ist mit Leib und Seele Lokaljournalist. Seit 1984 berichtet er aus der Wesermarsch. Es sind die Menschen und ihre Geschichten, die ihn interessieren. Der 56-Jährige ist aktuell für die Gemeinde Butjadingen zuständig und der Redaktionsleiter der Kreiszeitung.

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