Hagen

Alles dreht um Kaffeemühlen: 700 Sammlerstücke erzählen Geschichten

Hochzeit, Bombardierung oder Kriegsgefangenschaft: Jede von Harald Sawatzkis Kaffeemühlen erzählt eine Geschichte. Im Laufe seines Lebens hat der Rentner fast 700 Exemplare gesammelt. Am Karfreitag öffnet er sein Museum in Bramstedt.

 Im seinem Museum in Bramstedt präsentiert Harald Sawatzki  seine älteste Kaffeemühle von 1824. Sie war ein Hochzeitsgeschenk für ein Brautpaar.

Im seinem Museum in Bramstedt präsentiert Harald Sawatzki seine älteste Kaffeemühle, die fast 200 Jahre alt ist. Sie war ein Hochzeitsgeschenk für ein Brautpaar. Foto: Iven

Seine allererste Kaffeemühle hat Harald Sawatzki bis heute nicht benutzt. „Meine Großmutter hat sie mir 1960 zur Ausbildung als Malerlehrling geschenkt“, erinnert sich der Rentner aus Wellen. Das Problem: „Ich habe damals nur 4 DM im Monat verdient und konnte mir gar keinen Kaffee leisten. Aber sie meinte es gut.“

Wie die Großmutter die Sammelleidenschaft weckte

Zumindest weckte seine Großmutter mit dem Geschenk seine Sammelleidenschaft für Kaffeemühlen. „Ich habe in meiner Jugend alles Mögliche gesammelt. Egal, ob Münzen oder Schnapsgläser“, erzählt der 76-Jährige. Doch mit der Kaffeemühle hatte Sawatzki endlich etwas gefunden, was sonst keiner seiner Bekannten sammelte.

So spannend können Kaffeemühlen sein

Rund 700 verschiedene Kaffeemühlen: Am Karfreitag, 7. April, hat Harald Sawatzki seine Kaffeemühlenausstellung in der Zeit von 11 Uhr bis 15 Uhr geöffnet.

03:31 min

In den vergangenen 60 Jahren ist seine Sammlung auf mehr als 700 Exemplare aus den vergangenen 200 Jahren angestiegen. Darunter Handmühlen, Wandmühlen, Schoßmühlen, Tischmühlen und einige mehr. „Und das sind alles verschiedene Modelle“, betont der Rentner. Mittlerweile beitreibt er ein eigenes liebevoll eingerichtetes Museum für Kaffeemühlen in einem Nebengebäude des Landhaus Ahrens in Bramstedt, das er an diesem Karfreitag für Besucher öffnet.

In den Wandmühlen aus Keramik bleiben die Kaffeebohnen frisch. Nicht zuletzt sind sie auch platzsparend.

In den Wandmühlen aus Keramik bleiben die Kaffeebohnen frisch. Nicht zuletzt sind sie auch platzsparend. Foto: Jan Iven

Dabei können Kaffeemaschinen ausprobiert werden, dazu gibt es jede Menge Anekdoten zu seiner Sammelleidenschaft. „Mich faszinieren vor allem die persönlichen Geschichten über die Vorbesitzer“, sagt Sawatzki, der in den Kaffeeschubladen von vielen Exemplaren kleine Zettel mit Notizen über die Herkunft verstaut. „Kaffee war früher etwas Besonderes, heute ist er gang und gäbe.“ Die Kaffeemühlen wurden daher oft zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten verschenkt und zeugen von wichtigen Wendepunkten im Leben ihrer Besitzer.

Auch seine eigene Familiengeschichte drehte sich immer wieder um Kaffeemühlen und Kaffee. So hat Sawatzki schon als Kind Kaffee für seine Großeltern gemahlen, als er selbst noch gar keinen getrunken hat. Der Duft fand er allerdings schon damals verführerisch.

Familie klaute Kaffee bei den Alliierten

„Mein Großvater hat nach dem Krieg mit britischen Soldaten Karten gespielt, die die Güterzüge bewachen sollten“, erinnert sich Sawatzki. Während die Soldaten abgelenkt waren, haben seine Verwandten Kaffee aus den Zügen geklaut. Kaffee war in der Nachkriegszeit eine Art Ersatzwährung.

Während eines Bombenangriffs der Alliierten auf Bremerhaven war die Wohnung seines Vaters zerstört worden. Dessen erste Ehefrau kam dabei ums Leben. Alles, was damals aus den Trümmern geborgen werden konnte, war ihre alte Kaffeemühle. „Über Umwege bin ich später an die Mühle gekommen“, sagt er.

Neue Kaffeemühlen für seine Sammlung entdeckte Sawatzki häufig auf Flohmärkten, auf Reise, nach Haushaltsauflösungen oder in Antiquitätengeschäfte. „Es kommen auch immer wieder Leute ins Museum und bringen mir welche mit“, sagt der Sammler. Manchmal sind nachgemachte Stücke dabei, die nicht so historisch sind, wie sie aussehen. Sawatzki nimmt sie aber trotzdem in seine Sammlung, weil er niemanden enttäuschen möchte.

Die Mokkamühlen mahlen besonders fein und lassen sich auseinandernehmen. 

Die Mokkamühlen mahlen besonders fein und lassen sich auseinandernehmen. Foto: Jan Iven

Mit dem Internet-Handel ist Sawatzki zurückhaltend. „Teilweise werden Kaffeemühlen dort mit Gold aufgewogen. Allerdings weiß man nie, ob man es mit einer Nachbildung zu tun hat“, sagt er. Deswegen nimmt Sawatzki die Stücke lieber erst einmal in Augenschein. Über die Jahrzehnte hat er gelernt, Nachbildungen von Originalen zu unterscheiden.

Die Kaffeemühle eines russischen Kriegsgefangenen

Die meisten seiner Mühlen wurden in Deutschland hergestellt, einige stammen aus dem Ausland. „Ein Sammler hat mir die Kaffeemühle eines russischen Kriegsgefangenen überlassen“, erzählt Sawatzki. Der Russe war im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter im U-Boot-Bunker Valentin in Rekum. Die Not der Gefangenen war so groß, dass der Russe seine Kaffeemühle gegen ein Stück Brot eintauschte. Zumindest wurde es Sawatzki so erzählt.

Die erste eklektrische Kaffeemühle zur Hochzeit

Neben den Kriegsgeschichten verbindet Sawatzki auch Erfreuliches mit den Kaffeemühlen. Zu seiner eigenen Hochzeit bekam er ein besonderes Exemplar: eine der ersten elektrischen Kaffeemaschinen, die es für den Hausgebrauch auf den Markt gab. Das Hochzeitsgeschenk stellte er ebenfalls in sein Museum. Handgemahlener Kaffee schmeckt ihm besser. „Die elektrische Mühle wird so warm, dass der Kaffee dabei zum zweiten Mal geröstet wird. Das schmeckt einfach nicht“, sagt er.

Seinen eigenen Kaffee trinkt er mit einem Schuss Milch und einem Stück Süßstoff. Mittlerweile wird der Kaffee bei Familie Sawatzki allerdings auch nicht mehr gemahlen, sondern bereits gemahlen gekauft. „Das ist praktischer und spart Zeit“, räumt der Sammler ein. Nur noch zu ganz besonderen Anlässen holt er auch heute noch seine Kaffeemühle raus, um seinen Kaffee selbst zu mahlen.

Öffnungszeiten des Kaffeemühlenmuseums

Das Kaffeemühlenmuseum im Landhaus Ahrens in der Dorfstraße 31 in Bramstedt hat am Karfreitag von 11 bis 15 Uhr geöffnet.

Jan Iven

Reporter

Jan Iven stammt aus Hamburg und ist seit 2023 bei der NORDSEE-ZEITUNG. Der Reporter hat Politik und Journalismus in Leipzig studiert. Unterwegs ist er vor allem in Beverstedt und Hagen. Als Norddeutscher liebt er die Schiffe, das Meer und den Hafen.

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