Region

Die Dezember-Hilfe: Alles, was Gaskunden wissen müssen

Gute Nachrichten für Gaskunden: Sie bekommen den Abschlagsbetrag für Dezember erlassen. Das hat der Bundesrat diese Woche beschlossen. Ein endgültiges Gesetz zur Gas- und Strompreisbremse wurde hingegen vertagt. Was Energiekunden jetzt wissen müssen.

Gasflammen

Teures Gut: Angesichts stark steigender Energiekosten sollen Gas-Verbraucher durch eine Einmalzahlung im Dezember entlastet werden. Foto: Marijan Murat/dpa

Über zu wenig Arbeit können sich die Mitarbeiter in den EWE-Kundencentern in diesen Tagen nicht beschweren. Während die Energiekosten weiter steigen und die Bundesregierung noch immer mit einer adäquaten Antwort auf die Sorgen und Nöte der Verbraucher ringt, wächst die Verunsicherung und damit der Andrang in den Servicehops des Oldenburger Energieversorgers.

Nun kommt mit der Winterhilfe für Gasverbraucher noch mehr Arbeit auf die Angestellten zu. Nach den Turbulenzen der vergangenen Monate rund um die Ankündigung und Abschaffung der umstrittenen Gasumlage hatte EWE sein Personal in den Kundenzentren zuletzt aufgestockt. "Der bürokratische Mehraufwand durch die Dezember-Hilfe ist dennoch beträchtlich", sagt Konzernsprecher Christian Bartsch auf Nachfrage.

Einmalzahlung im Dezember soll Gaskunden entlasten

Die Bundesregierung hatte angesichts steigender Gaskosten unlängst beschlossen, Verbraucher durch eine Einmalzahlung im Dezember zu entlasten. Ein von der Ampel-Koalition ausgearbeitetes Konzept passierte am Montag den Bundesrat. Demnach müssen rund 20 Millionen Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen mit einem Verbrauch unter 1,5 Millionen kWh pro Jahr den Abschlag für ihren Gasverbrauch im Dezember nicht bezahlen.

Preisentwicklung für Strom und Erdgas

Quelle: SWB und EWE

12 Milliarden Euro lässt sich der Staat die Maßnahme kosten, die als Überbrückung bis zum Inkrafttreten der Gaspreisbremse im März dienen soll. Eine endgültige Regelung zu den Energiepreisdeckeln wollte die Ampel eigentlich diese Woche vorlegen. Angesichts noch offener Detailfragen wurde die Entscheidung darüber aber vertagt. Unter anderem ist der Zeitpunkt strittig, ab wann die Preisbremsen inkrafttreten sollen.

EWE lässt derweil keinen Zweifel daran aufkommen, wie wenig der Konzern von den Ampel-Plänen hält. Von einer "Zumutung der Politik" spricht etwa der stellvertretende Leiter der Konzernkommunikation Gerd Lottmann. Die Entlastung der Kunden sei zweifellos nötig und werde von EWE seit Monaten gefordert.

„Die Versorger müssen das aber auch umsetzen können", so Lottmann. Und weiter: „Es stellt sich schon die Frage, wozu es eine Expertenkommission gab, wenn sich die Politik nun rigoros über deren Empfehlungen hinwegsetzt."

EWE hält Pläne für nicht umsetzbar

Gemeint ist der Plan der Bundesregierung, eine Preisbremse für Strom bereits zum 1. Januar 2023 einzuführen. Für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen würde der Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Dies soll für den Basisbedarf von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs gelten.

Unter anderem hatte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Ende Oktober dafür ausgesprochen, dass auch die geplante Gaspreisbremse bereits im Januar 2023 inkrafttreten solle. Eine Einführung im März, wie sie eine eigens eingesetzte unabhängige Expertenkommission empfiehlt, käme viel zu spät. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich offen für den Vorschlag gezeigt und angekündigt, diesen prüfen zu wollen.

EWE-Sprecher Gerd Lottmann ist mit solchen Forderungen alles andere als glücklich: "In wenigen Wochen, noch ohne vorliegende gesetzliche Grundlage, für alle Gas-, Fernwärme- und Stromkunden komplexe Anpassungen in den Abrechnungsprozessen umzusetzen, diese in den Systemen zu programmieren, zu testen und dann mit Wirkung zum 1. Januar 2023 anzuwenden, wird vielfach faktisch unmöglich sein“, sagt Lottmann.

Viele Kunden verunsichert

Gerd Lottmann

Alles andere als glücklich: EWE-Sprecher Gerd Lottmann kritisiert die Pläne der Bundesregierung zu den Energiepreisbremsen. Foto: Privat

Auch Konzernsprecher Christian Bartsch kritisiert den aus EWE-Sicht zu engen Zeitplan: "Diese Werkzeuge sind nicht vor März 2023 in ausreichender Qualität umsetzbar und können auch nicht rückwirkend Wirkung entfalten", moniert Bartsch und plädiert stattdessen für eine Neuauflage des Bürgerenergiegeldes, eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom oder das Aussetzen eines weiteren Monatsabschlags nach der im Dezember erprobten Methode. Für welche Lösung sich die Ampel am Ende auch entscheidet, bei den Verbrauchern dürften die Fragen nicht weniger werden: "Für Energiekunden ist es momentan in der Tat nicht leicht, den Überblick zu behalten", gesteht Christian Bartsch ein.

Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Dezember-Soforthilfe zusammengetragen:

Übernimmt EWE alle Kosten aus dem Dezember, egal wie viel Gas die Kunden in diesem Monat verbrauchen? Nein, der individuelle Erdgas-Verbrauch im Dezember spielt für die Winterhilfe keine Rolle. Stattdessen wird die Höhe des Entlastungsbetrags anhand einer von der Bundesregierung beschlossenen Formel berechnet: Als Basis dient der Gesamtverbrauch im Zeitraum vom Oktober 2021 bis September 2022. Dieser wird durch zwölf geteilt und das Ergebnis anschließend mit dem im Dezember 2022 gültigen Gaspreis multipliziert. Ein Rechenbeispiel: Eine Familie, die zwischen Oktober 2021 und September 2022 etwa 13.000 Kilowattstunden Erdgas pro Jahr verbraucht hat und deren Arbeitspreis im Dezember 2022 bei durchschnittlichen 22 Cent pro Kilowattstunde lag, würde demnach rund 238 Euro Soforthilfe erhalten.

Wird den Verbrauchern die Soforthilfe ausgezahlt oder mit der nächsten folgenden Gas-Abrechnung verrechnet? Eine Auszahlung an die Verbraucher ist nicht vorgesehen. Stattdessen ziehen Energieversorger im Dezember keine Monatsabschläge von Erdgaskunden ein.

Was müssen Kunden tun, um die Erstattung zu erhalten? Müssen etwa Zählerstände aktiv mitgeteilt werden? Nein, Kunden müssen für den Erhalt der Soforthilfe grundsätzlich nicht tätig werden. Wer seinen Abschlag monatlich überweist, kann im Dezember darauf verzichten. Lediglich Kunden mit einem Dauerauftrag müssen diesen im Dezember aussetzen und für Januar wieder aktivieren.

Was müssen Verbraucher tun, die keinen direkten Vertrag mit EWE, sondern nur mit einem Vermieter haben, der seinerseits einen Vertrag mit EWE hat? Diese Kunden sollten umgehend Kontakt mit ihrem Vermieter aufnehmen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Diese erhalten die Soforthilfe für Dezember, da sie zunächst auch die Belastung durch höhere Gaspreise tragen. Laut EWE sind Vermieter allerdings gesetzlich zur Weitergabe der Entlastung an die Mieter verpflichtet.

Profitieren ausschließlich Gaskunden von der Dezember-Hilfe oder gilt sie auch für Verbraucher, die mit anderen Energieträgern wie Öl oder Holz heizen? Die von der Bundesregierung beschlossene Dezember-Hilfe gilt nur für Erdgaskunden. Nutzer anderer Energieträger sind davon ausgenommen. Als Begründung führt die Bundesregierung an, dass Kunden mit Pellet- oder Ölheizungen viel weniger belastet seien als Verbraucher, die auf Basis von Gas heizen.

Die EWE ist Alleineigentümer des Versorgers swb, der auch für Bremerhaven zuständig ist. Dennoch haben beide Unternehmen unterschiedliche Preise für Gas und Strom. Wie kommt es dazu? Das liegt an den sehr unterschiedlichen Bedingungen eines Flächenversorgers zu einem städtischen Versorger: „Längere Tiefbaustrecken wegen größerer Entfernungen, die Anbindung von vergleichsweise dünn besiedelten Gebieten, höhere Aufwände für die Aufnahme von erneuerbaren Energien ins Netz - all dies führt zu unterschiedlichen Netzentgelten, die wesentlicher Preisbestandteil sind“, erläutert EWE-Sprecher Christian Bartsch. Hinzu kämen Unterschiede bei den Aufwendungen für die Aufnahme von ehemaligen Discounter-Kunden bzw. Kunden anderer Versorger in die Grundversorgungstarife, wo EWE aufgrund der versorgten Fläche deutlich mehr Zulauf zu verzeichnen hat, als dies bei der swb AG der Fall ist.

Josip Pejic
0 Kommentare
Newsletter Der ZZ-Newsletter
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
PASSEND ZUM ARTIKEL

Geestland

Infoabend: Geestlands kommunale Wärmeplanung

nach Oben