Bremerhaven

Fünf Fakten zur Straßenbahn-Debatte in Bremerhaven, die man kennen sollte

Die Straßenbahn feiert ein Comeback: Sie transportiert viele Menschen umweltfreundlich und leise. In Bremerhaven wird diskutiert - am Donnerstag öffentlich mit Raumplaner Stephan Besier aus Leipzig. Wiedereinführung? Ohne eine Sache geht es nicht.

Wie die Straßenbahn das Stadtbild verändert.

Wie die Straßenbahn das Stadtbild verändert. Quelle: CTPeters/Strasbourg Foto: CTPeters/Strasbourg

Bremerhaven will ermitteln, ob die Wiedereinführung der Straßenbahn einen volkswirtschaftlichen Nutzen hätte. Der Verkehrsclub Deutschland in Bremerhaven (VCD) hat einen Experten eingeladen. Am Donnerstag kann jeder Stephan Besier treffen. Wir haben ihn vorher befragt.

Warum sprechen alle von der Straßenbahn? Die Straßenbahn ermöglicht auf geringer Fläche hohe Beförderungsqualität. Elektrischer Antrieb, im Vergleich zum Bus eine ruhigere Fahrt, ein geräumiges Fahrzeug - das wird geschätzt. Fahrgastzahlen in Straßenbahnstädten sind höher. Autofahrer steigen lieber in die Straßenbahn um, als in den Bus. Nach Neueinführung einer Straßenbahn sind mehr Passanten in der City unterwegs. Mit der Aufwertung des Stadtraums steigt die Aufenthaltsqualität, was mehr Menschen anzieht und zu Belebung führt. Davon kann der Einzelhandel profitieren.

Funktioniert nur in Großstädten, oder? Straßenbahnsysteme gibt es im In- und Ausland in Städten, ähnlich groß wie Bremerhaven. Jena, Ulm, Innsbruck. Bern zeigen, wieviel Personen man in kleinen Netzen befördern kann. Dort liegen die Fahrgastzahlen mindestens beim Dreifachen von Bremerhavens Bussystem. In Frankreich wurden neue Straßenbahnsysteme auch in gleichgroßen Städten wie Angers oder Besancon eingeführt.

Busse werden deshalb nicht überflüssig

Müssen wir dann die Busse abschaffen? Nein, sicher nicht. Busse werden gebraucht, um auf Zubringer oder wichtigen Ergänzungslinien zu fahren. Erfahrungsgemäß steigen mit der Straßenbahn auch Bus-Fahrgastzahlen.

Reicht es, die „Eisenbahn“ in die Stadt zu holen? Eine moderne Straßenbahn hat keine Schottergleise und wuchtige Fahrleitungen. Sie kann urbanes Gestaltobjekt sein - mit Rasengleisen, Baumreihen und attraktiven Haltestellen. Das ist Standard in Frankreich und klappt in Karlsruhe, Leipzig, München oder Chemnitz.

Was brauchen Städte, um die Straßenbahn einzuführen? Keine neuen Visionen, sondern politisches Rückgrat. Straßenbahnen sind ein wirksames Verkehrssystem für die Mobilitätswende. Mir ist kein System bekannt, bei dem Skepsis nicht Begeisterung gewichen wäre. Oft verdoppeln sich Fahrgastzahlen. Im gleichgroßen Bern wird Straßenbahn konsequent priorisiert. Dazu gehört, die am Auto orientierte Planung ein Stück aufzugeben – zum Beispiel auf Parkplätze zu verzichten.
Auf einen Blick:
Wiedergewinnung des Stadtraums mit der Straßenbahn, Verkehrs- und Stadtplaner Stephan Besier. Rundgang Innenstadt, Donnerstag, 11. Mai, 15 Uhr ab Stadttheater (Theodor-Heuss-Platz 10). Vortrag und Diskussion, 19 Uhr, Volkshochschule (Lloydstraße).

Zur Person

Stephan Besier studierte Raum- und Umweltplanung an der TU Kaiserslautern und in Glasgow. Zuvor war er als Projektleiter bei der IBV Hüsler AG (Zürich), in Deutschland und Italien tätig. Seit 2009 ist er selbstständiger Berater und plant an Nahverkehrs- und Straßenbahnprojekten in Deutschland, Italien und Skandinavien mit. Als Mitglied in Expertengruppen in Deutschland und der Schweiz erarbeitet er Planungsrichtlinien für den ÖPNV.
Collage

Straßenräume können heute mit einer Straßenbahn ganz anders gestaltet werden, als man das früher noch gemacht hat. Foto: Stephan Besier

Porträt

Stephan Besier. Foto: privat

Maike Wessolowski

Reporterin

Maike Wessolowski wurde in Remscheid geboren. Die ausgebildete Reiseverkehrskauffrau und Reporterin lebte und arbeitete in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen, bis sie 2018 in Bremerhaven festmachte. An der Region schätzt sie: Menschen, Maritimes, Möglichkeiten.

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