Bremerhaven Gastronomie

Gastwirte schlagen Alarm: Die Politik macht uns das Leben schwer

Während der Corona-Pandemie wurde die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie auf 7 Prozent gesenkt. Seit 1. Januar 2024 gilt wieder der alte Steuersatz von 19 Prozent. Gastronomen aus Stadt und Landkreis berichten, wie sie damit umgehen.

Justin Schmick, Olaf Wurm, Natascha Grotjohann, Detlef Grastorff

Schwierige Zeiten für Gastronomen (von links oben): Justin Schmick vom „Dock 4“, Olaf Wurm von „Fisch und Meer“, Natascha Grotjohann vom „Bösehof“ und Detlef Grastorff von „De Koffiestuv“. Foto: Hartmann, Leuschner, Scheiter, Ruge

„Die Politik muss sich nicht wundern, dass so viele Gastronomen ihren Betrieb einschränken oder ganz aufhören. Uns wird es schwer gemacht.“ So reagiert Restaurantbetreiber Olaf Wurm von der Wurster Nordseeküste auf die Frage, wie er die Rückerhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 auf 19 Prozent einschätzt. Seit 1. Januar 2024 gilt wieder der alte Steuersatz, wenn vor Ort gegessen wird. Im Zuge der Corona-Überbrückungshilfen wurde die von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Diese Entscheidung sollte Restaurants in Zeiten sinkender Umsätze entlasten.

„Man spürt schon einen Spardrang bei den Gästen“

Wurm ist Geschäftsführer des Restaurants „Fisch und Meer“ in Dorum. Außerdem ist er Vorsitzender des DEHOGA-Bezirksverbandes Stade. Bisher ist in seinem Restaurant aufgrund der Wintersaison wenig los. Die Gäste verzehren weniger als früher. „Man spürt schon einen Spardrang, gerade bei den Getränken. Früher haben die Gäste vielleicht noch ein zweites oder drittes Bier bestellt und saßen länger. Heute gehen sie früher - und es bleibt oft nur bei einem Getränk.“ Wurm hofft nun, dass die Touristen, die im Sommer kommen, etwas lockerer mit dem Geld umgehen. Die erhöhte Mehrwertsteuer gibt er fast komplett an seine Gäste weiter. Die Preise hat er häppchenweise angepasst. Im Winter hat er bereits um fünf Prozent erhöht, zwischen 12 und 15 Prozent sind es jetzt.

Konkrete Spar-Maßnahmen bereits ergriffen

Sieben Tage die Woche ist Wurms Restaurant geöffnet, doch einige Maßnahmen musste er ergreifen, um die Kosten zu deckeln und das Personal zu halten: Montag-, Dienstag- und Mittwochmittag bleibt das Lokal geschlossen, es gibt kein Frühstück mehr, die Küche schließt bereits um 20 Uhr, das Restaurant um 21 Uhr. Viele Gäste würden dies auch akzeptieren. Die lokalen Gastronomen tauschen sich in einer WhatsApp-Gruppe aus. Seine Kollegen berichten darin Ähnliches. Die Branche würde vor allem ärgern, dass die Politik mit „Steuererhöhungen und Bürokratie-Irrsinn“ den Gastronomen Steine in den Weg legt. „Wir wünschen uns einen fairen und loyalen Umgang“, sagt Wurm. Nach seinen Angaben sei die Rückkehr zu 7 Prozent Mehrwertsteuer weiterhin wichtiges Anliegen der DEHOGA.

Olaf Wurm in seinem Restaurant "Fisch und Meer"

Olaf Wurm, Bezirksvorsitzender des Dehoga-Bezirksverbands Stade, in seinem Restaurant "Fisch&Meer" am Dorumer Tief. Foto: Lothar Scheschonka

Anderen Gastronomen geht es ähnlich

Im Restaurant „Heinrichs“, im Hotel „Bösehof“ in Bad Bederkesa, wurden die Preise um zehn Prozent angepasst. Diese Maßnahme wurde als Reaktion auf gestiegene Personal- und Warenkosten ergriffen, erklärt Geschäftsführerin Natascha Grotjohann. Viele Gäste würden Verständnis zeigen, die Besucherzahlen seien trotzdem rückläufig. Eine vollständige Weitergabe hätte die Preise um 25 Prozent erhöht. „Zu belastend für die Gäste“, sagt sie. „Wir sind bemüht, ein faires Gleichgewicht zwischen der Qualität unserer Angebote und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu wahren. Wir hoffen, dass unsere Kunden diese Maßnahmen verstehen und weiterhin die Qualität unserer Speisen schätzen werden.“, so Grotjohann.

Außer Haus weiterhin sieben Prozent Mehrwertsteuer

Detlef Grastorff, Inhaber von „De Koffiestuv“ in Dorum-Neufeld, ärgert, dass auf Speisen, die außer Haus verkauft werden, weiterhin sieben Prozent Mehrwertsteuer gelten. „Da wird ein Haufen Müll produziert und das wird auch noch belohnt.“ Ginge es nach ihm, hätten die 19 Prozent auch da konsequent umgesetzt werden müssen. Sein Lokal liegt mitten im Tourismusgebiet. Dieses, so wie die dazugehörige Bäckerei, seien momentan zwar am Wochenende gut besucht, in der Woche herrsche aber oft gähnende Leere. Das habe natürlich damit zu tun, dass sie Sommersaison bislang nicht begonnen habe, aber auch die gestiegenen Kosten führten dazu, dass die Gäste sich weniger leisten würden. „Essen gehen ist mittlerweile ein Luxus, auf den immer mehr Menschen verzichten“, glaubt Grastorff. Auch er hat seine Preise teilweise erhöht. Doch wichtiger sei ihm, Beziehungen und Strukturen zu erhalten. Er möchte „seine Mitarbeiter behalten und gut bezahlen“. Das Gleiche gelte auch für seine Lieferanten. Dennoch kaufe er preissensibler ein.

Auch in Bremerhaven ist die Lage angespannt

Justin Schmick führt das Restaurant „Dock 4“ in Bremerhaven. Die Preise seiner Gerichte hat er teilweise um zwölf Prozent erhöht. Um die Qualität seiner Speisen und sein Personal zu erhalten, sei ihm nichts anderes übrig geblieben, sagt Schmick. Um zu sparen, vergleicht er Händler und Waren. Schaut, wo er günstiger einkaufen kann. Die Konkurrenz durch die benachbarten Restaurants im Fischereihafen macht dem Gastronomen zu schaffen. Einige betrieben Preisdumping, um Gäste in ihre Lokale zu locken. „Manchmal kostet das gleiche Gericht nebenan fünf Euro weniger“, sagt Schmick, „da frage ich mich, wie das geht.“ Den Gästerückgang spürt auch er. „Die ersten drei Monate waren so schlecht wie noch nie.“ Schmick hofft, dass die Gäste im Sommer zahlreicher kommen.

Tisch im Fischereihafen

Leere Tische im Schaufenster Fischereihafen in Bremerhaven? Die Konkurrenz unter den Gastronomen ist groß. Foto: Sandelmann

Mareike Blumenthal

Die gebürtige Bremerhavenerin hat schon als Kind ihre Leidenschaft für das geschriebene Wort entdeckt. Als gelernte Restaurantfachfrau hat sie die letzten Jahre jedoch vorerst diesen Beruf ausgeübt. Nun hat sie der Gastronomie den Rücken gekehrt und macht als Volontärin bei der NORDSEE-ZEITUNG ihr Hobby zum Beruf.

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