Bremerhaven

Gedanken zu Fronleichnam: Eine Kraft auf der Straße

Fronleichnam ist ein Hochfest der katholischen Kirche. „Was kann ich davon lernen?“, fragt Werner Keil, Pastor der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bremerhaven. Die Prozessionen sind Einladung und Angebot zum Teilen. .

Werner Keil
Pastor der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bremerhaven

Werner Keil, Pastor der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bremerhaven Foto: privat

Welch Überraschung: Ein evangelisch-reformierter Pastor schreibt zum Fronleichnam, ein Hochfest der katholischen Kirche mit Festgottesdienst und Prozession. Aber das macht es gerade spannend, sich die Bedeutung des Festes erklären zu lassen und zu fragen: Was kann ich davon lernen?

Mit diesem Fest werden Kraft und Dynamik der Eucharistie gefeiert. In der Eucharistie (evangelisch: Abendmahl) wird die Kraft Christi, seine Liebe zu den Menschen sinnlich erfahrbar. Es bleibt nicht bei der reinen ZuSAGE, dem gesprochenen und gehörten Wort, sondern eine ZuGABE: Wir bekommen leiblich erfahrbar einen Anteil dieser Kraft. Die Eucharistie ist Ort und Moment der Stärkung.

In der Prozession wird diese Stärkung in eine Dynamik in die Welt verwandelt. An vier Segensorte wird diese Kraft gebracht. Der Welt wird gezeigt, von welcher Kraft Christinnen und Christen, die der Monstranz folgen, bewegt sind. Gleichzeitig wird sichtbar, dass Christinnen und Christen in die Welt gesandt sind. Die Kirche darf nicht zu einer geschlossenen Gesellschaft werden, sondern auf Menschen zugehen.

Alle Kirchen haben gerade Pfingsten gefeiert, zum Teil in bewegenden ökumenischen Gottesdiensten, wie Pfingstmontag am Geestbauernhaus. Wir haben die Geistkraft Gottes gefeiert, die die Jünger gestärkt hat, den Menschen in verständlichen Sprachen von den Taten Gottes zu erzählen. Was das bewirkt, ist in Fronleichnamsprozessionen der katholischen Geschwister zu sehen - kein Versteckspiel, sondern Einladung, keine Inbesitznahme der Gaben Gottes, sondern Angebot zum Teilen. Wie die Israeliten das Manna, das sie für ihren Weg stärkte, nicht horten konnten und wie sich fünf Brote und zwei Fische nur durch Teilen so vermehrten, dass viele satt wurden, so ist es auch mit Gottes Gaben.

Die Prozessionen erinnern uns andere Christinnen und Christen daran, dass wir die uns geschenkte Kraft in eine Dynamik zu den Menschen und Aufgaben unserer Zeit verwandeln können. Dazu müssen wir weder die Form der Prozession kopieren noch alle damit verbundenen Traditionen akzeptieren. Wenn wir uns durch Gemeinsamkeiten bereichern lassen, können wir Differenzen ertragen. Ich werde meiner Kirche keine Prozession oder Feier des Fronleichnamsfestes vorschlagen. Aber ich bin dankbar für Anregungen der katholischen Geschwister, (Prozessions-)Wege zu Menschen zu suchen, um ihnen die verbindende Kraft einer (hoffentlich bald gemeinsamen) Eucharistie-/Abendmahlfeier zu zeigen und sie einzuladen. (lit)

Werner Keil

Pastor der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bremerhaven

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